Zahlenbeispiel zur Slutsky- und Hicks-Zerlegung

Ein Haushalt mit der Nutzenfunktion $U = 4 \cdot \left( {x + 5} \right) \cdot y$ gibt sein Einkommen von 230 Euro je Periode für die Güter X und Y aus. Die Preise beider Güter betragen jeweils 2 Euro. In einer späteren Periode beträgt der Preis von Y 8 Euro, ohne dass sich der Preis von X oder das Einkommen geändert haben.

Berechnen Sie die Einkommens- und Substitutionseffekte nach Hicks und Slutsky für beide Güter!

Lösungsweg:

Zunächst werden die Haushaltsoptima für die Ausgangs- und Endsituation mithilfe des zweiten Gossenschen Gesetzes ermittelt. Gleichung (1) ist die Budgetgerade.

$$2x + 2y = 230 \tag{1}$$ Gleichung (2) ist die notwendige Bedingung für ein Haushaltsoptimum (Zweites Gossensches Gesetz): $${{{{\partial U} \over {\partial x}}} \over {{{\partial U} \over {\partial y}}}} = {{{p_x}} \over {{p_y}}} \tag{2}$$ Für die gegebene Nutzenfunktion und die gegebenen Werte: $${{4y} \over {4x + 20}} = {2 \over 2}\,\,\,\,\,\,\,\, \Rightarrow \,\,\,\,\,\,\,\,y = x + 5 \tag{3}$$

Mit der Budgetrestriktion (1) folgt

$$2x + 2\left( {x + 5} \right) = 230\,\,\,\,\,\, \Rightarrow \,\,\,\,\,\,x* = 55\,\,\,\,\,\, \Rightarrow \,\,\,\,\,\,y* = 60 \tag{4}$$

In der Ausgangssituation konsumiert der Haushalt 55 X und 60 Y.

Durch den Preisanstieg ändert sich die Budgetrestriktion:

$$2x + 8y = 230 \tag{5}$$

In der Gleichgewichtsbedingung [2] ändert sich das relative Preisverhältnis:

$${{4y} \over {4x + 20}} = {2 \over 8}\,\,\,\,\,\,\,\, \Rightarrow \,\,\,\,\,\,\,\,y = {{x + 5} \over 4} \tag{6}$$

Mit der neuen Budgetrestriktion [5] folgt

$2x + 8\left( {{{x + 5} \over 4}} \right) = 230\;\;\;\;\; \Rightarrow \;\;\;\;\;x* = 55\;\;\;\;\; \Rightarrow \;\;\;\;\;y* = 15 \tag{7}$

Nach der Preisänderung konsumiert der Haushalt 55 X und 15 Y. Der Gesamteffekt der Preisänderung beträgt damit bei Gut X 0 und bei Y -45 Einheiten. Bei Gut X heben sich Substitutions- und Einkommenseffekt also gegeneinander auf.

Dies lässt noch eine Schlussfolgerung über die Beziehung der Güter zueinander zu. Da sich infolge der Preisänderung von Gut Y die Nachfrage nach Gut X nicht ändert, handelt es sich um unabhängige Güter. (Für fortgeschrittene Analysen wäre noch darauf hinzuweisen, dass X und Y hier "brutto" unabhängige Güter sind, da der Einkommenseffekt mit berücksichtigt wurde. Zur Unterscheidung zwischen "Nettosubstituten" oder "Nettokomplementen" wird nur der (Kreuz)Substitutionseffekt herangezogen. Dieser Effekt ist, wie gleich berechnet wird, bei Gut X positiv, sodass Y und X Nettosubstitutionsgüter sind.)

Die Zerlegung des Gesamteffektes nach Slutsky:

Zunächst muss jenes Einkommen gefunden werden, das dem Haushalt den Kauf der Gütermengen der Ausgangssituation bei den neuen Preisen erlaubt:

$$2 \cdot 55 + 8 \cdot 60 = 590 \tag{8}$$

Die Budgetrestriktion für die hypothetische Zwischensituation lautet also

$$2x + 8y = 590 \tag{9}$$

Die Bedingung für das Haushaltsoptimum ist in Gleichung (6) bereits ermittelt worden

$${{4y} \over {4x + 20}} = {2 \over 8}\,\,\,\,\,\,\,\, \Rightarrow \,\,\,\,\,\,\,\,y = {{x + 5} \over 4} \tag{6a}$$

Zusammen mit (9) folgt

$$2x + 8 \cdot \left( {{{x + 5} \over 4}} \right) = 590\;\;\;\;\; \Rightarrow \;\;\;\;\;x = 145\;\;\;\;\; \Rightarrow \;\;\;\;\;y = 37,5 \tag{10}$$

Bei konstant gehaltenem realen Einkommen sinkt der Konsum des Gutes Y von 60 auf 37,5 Einheiten. Damit beträgt der reine Preis- oder Substitutionseffekt -22,5. Das durch die Preissteigerung gesunkene reale Einkommen lässt den Konsum dann von 37,5 auf 15 zurückgehen. Der Einkommenseffekt ist also mit -22,5 zufällig genauso groß wie der Substitutionseffekt. Außerdem kann noch festgestellt werden, dass es sich bei Y um ein superiores Gut handelt, da die Nachfrage mit fallendem Einkommen sinkt.

Unter Ausschaltung des Einkommenseffektes ließe sich bei Gut X ein Anstieg der Nachfrage von 55 auf 145 beobachten. Der (Kreuz)Substitutionseffekt beträgt somit +90 (x ist ein "Nettosubstitut" für Y). Der Einkommenseffekt beträgt -90. Wie bei Y handelt es sich auch bei X um ein superiores Gut.

Die Zerlegung des Gesamteffektes nach Hicks:

Für die Hicks-Zerlegung muss zunächst ermittelt werden, welches Nutzenniveau der Haushalt in der Ausgangssituation erreichen konnte:

$U = 4 \cdot \left( {x + 5} \right) \cdot y = 4 \cdot \left( {55 + 5} \right) \cdot 60 = 14.400 \tag{11}$

Dieses "reale Einkommen", sprich sein Nutzenniveau, soll ihm auch in der Endsituation ermöglicht werden. In der Endsituation gelten aber die neuen Preise, sodass gleichzeitig die Gleichgewichtsbedingung [6] erfüllt sein muss:

$${{4y} \over {4x + 20}} = {2 \over 8}\,\,\,\,\,\,\,\, \Rightarrow \,\,\,\,\,\,\,\,y = {{x + 5} \over 4} \tag{6b}$$

Zusammen mit (11) lässt sich damit ermitteln, dass

$$4 \cdot \left( {x + 5} \right) \cdot {{x + 5} \over 4} = 14.400\;\;\;\;\; \Rightarrow \;\;\;\;\;x = 115\;\;\;\;\; \Rightarrow \;\;\;\;\;y = 30 \tag{12}$$

Damit ist der Gesamteffekt von -45 für Y in einen Substitutionseffekt von -30 (=30-60) und einen Einkommenseffekt von -15 (=30-15) zerlegt. Bei X betragen der negative Einkommens- und der positive Substitutionseffekt betragsmäßig jeweils 60. Die hohen Abweichungen zu den Ergebnissen der Slutsky-Zerlegung können mit der dramatischen Preisänderung in der Aufgabenstellung erklärt werden.

 Diagramm: Unterschied zwischen Slutsky- und Hicks-Zerlegung